Aus der Geschichte lernen: Keine finanzielle Unterstützung für die Hersteller nuklearer Waffen
In den letzten Wochen war der Film „Oppenheimer“ in den Medien und gesellschaftlichen Debatten omnipräsent. Der Film von Christopher Nolan beschreibt auf beeindruckende Art und Weise den wissenschaftlichen und politischen Diskurs rund um die Entwicklung der Atombombe kurz vor den ersten Abwürfen auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki im Jahr 1945. Heute vor genau 77 Jahren ereignete sich der zweite der Abwürfe auf die japanische Stadt Nagasaki, die in den Geschichtsbüchern bis heute als einer der größten menschlichen Tragödien verankert ist. Diese beiden Tage und die dadurch ausgelösten, in dieser Form noch nie dagewesenen, Folgen haben die Wahrnehmung und den Diskurs über, die Produktion, den Besitz und den Einsatz von Atomwaffen nachhaltig geprägt.
Dieser Artikel nimmt sich die Aktualität der historischen Ereignisse und die damit verbundenen Debatten über den möglichen Einsatz von Atomwaffen sowie dieer in diesem Zusammenhang getroffenen Finanzentscheidungen zum Anlass die aktuellen Positionen der Banken in Deutschland anhand ihrer Finanzierungs- und Investitionspolitik im Rüstungssektor zu untersuchen. Facing Finance analysierte kürzlich die Finanzierungs- (Unternehmenskredite & Projektfinanzierung) und Investitionspolitik (Vermögensverwaltung & Eigenanlagen) von 19 Banken auf dem deutschen Markt in 14 Querschnittsthemen und kritischen Sektoren, darunter auch Rüstung. Die Ergebnisse der vollständigen Analyse wurden im März 2023 veröffentlicht und sind auf fairfinanceguide.de verfügbar.
Die Banken wurden anhand von 15 Schlüsselelementen bewertet und eingestuft. Die Elemente basieren auf der Grundlage frei zugänglicher Informationen über die Vorgehensweise der Banken im Rüstungssektor und leiten sich aus internationalen Standards und Verträgen wie dem Vertrag über den Waffenhandel oder dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen ergeben. In Bezug auf Nuklearwaffen wollten wir wissen, ob die Bank eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Unternehmen verfolgt, die sich mit der Entwicklung, der Produktion, dem Testen, dem Einsatz, der Wartung, der Lagerung oder dem Handel von Nuklearwaffen oder deren Hauptbestandteilen befassen (siehe Rüstungssektor, Bewertungselement 4 der Fair Finance Guide International Methodology).
Abbildung 1: Bewertung der Finanzierungs- und Investitionspolitik von Banken im Hinblick auf Nulltoleranz gegenüber Atomwaffen
*Commerzbank: Nach der letzten Bewertung im März 2023 erreicht die Commerzbank 0% für Element 4, da ihr im Januar 2023 veröffentlichter neuer ESG-Rahmen nicht mehr ihre Position zu Atomwaffen erwähnt. Im Juli wurde ein Update veröffentlicht, in dem - wie von uns vorgeschlagen - eine detailliertere Definition hinzugefügt wurde. Seit unserer letzten Bewertung hat es also Änderungen gegeben.
Auf der Grundlage der gesammelten Daten wurde das jeweilige Element auf einer Skala von 0 bis 100 % eingestuft. 0 % steht für einen unzureichenden Ausschluss von Kernwaffenherstellern und damit zusammenhängenden Finanztransaktionen aus den Finanzierungs- und Investitionspraktiken der Bank. Eine Einstufung bei 100 % beschreibt Banken, die während ihrer gesamten Geschäftstätigkeit eine klare Null-Toleranz-Politik gegenüber Unternehmen verfolgen, die in Kernwaffengeschäfte involviert sind.
Im Ergebnis haben 9 der 19 Banken eine Gesamtbewertung von 100 % erreicht. Dazu gehören die apoBank, DKB, EthikBank, GLS Bank, KD-Bank, Pax-Bank, Sparkasse KölnBonn, Tomorrow und Triodos. Sie verfolgen eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Atomwaffen und schließen diese bei ihren Finanzierungen und Investitionen vollständig aus. Konträr dazu sind die DekaBank, Commerzbank, ING, LBBW und Sparda-Bank West einzuordnen, die mit 0% bewertet wurden. Ihre Politik war (zum Zeitpunkt der Bewertung) zu schwach, um dieses spezielle Element abzudecken. Erwähnenswert ist, dass die Commerzbank seit der letzten Bewertung durch den Fair Finance Guide ihre Nuklearpolitik in ihrem kürzlich aktualisierten ESG-Rahmenwerk verbessert hat. Für eine bessere Bewertung reicht es dennoch nicht, da die Bank nur Finanztransaktionen im Zusammenhang mit Atomwaffen ablehnt, nicht aber Geschäfte mit den Herstellern von Nuklearwaffen selbst.
Andere Banken, die im Fair Finance Guide bewertet wurden, liegen irgendwo dazwischen, weil ihre Richtlinien schwächer als gefordert und/oder in ihrem Umfang begrenzter sind. So hat die Deutsche Bank zwar eine relevante Richtlinie für ihre Finanzierungsaktivitäten entwickelt, diese ist jedoch eher schwach und lässt klare Positionen oder Definitionen vermissen. BayernInvest, die Investmenttochter der BayernLB, schließt dagegen Nuklearwaffenproduzenten klar aus, allerdings nur für das Vermögensverwaltungsgeschäft. Die DZ Bank und die HypoVereinsbank (UniCredit) haben ebenfalls Richtlinien zu Atomwaffen, die sich jedoch nur auf ihre Investitionen beschränken. Aufgrund dieser Einschränkung des Anwendungsbereichs steht es den Banken immer noch frei, Unternehmen zu finanzieren, die nukleare Waffen herstellen. Die Stadtsparkasse Düsseldorf hat eine klare Politik in Bezug auf Atomwaffen, die aber nur für die Finanzierung von Unternehmen gilt, was bedeutet, dass die Hersteller von Atomwaffen keine Kredite oder andere Formen der Finanzierung von der Bank erhalten können. Die Bank kann aber dennoch in sie investieren und diese Möglichkeit der Investition lässt wieder einmal Raum für die Förderung nuklearer Waffen.
Was Sie tun können
Wo steht ihre Bank in unserem Ranking? Wurden Sie über die finanziellen Entscheidungen informiert, die Ihre Bank in Bezug auf Atomwaffen treffen kann? Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass es für Banken in der aktuellen Konfliktsituation wichtiger denn je ist, verantwortungsvolle Finanzentscheidungen zu einem so wichtigen Thema zu treffen. Die Finanzinstitute dürfen sich nicht nur von den politischen Auseinandersetzungen leiten lassen, sondern müssen auch die Folgen solcher Investitionen bedenken. Es ist wichtig, dass Sie sich über solche Investitions- oder Finanzierungsentscheidungen Ihrer Bank im Klaren sind - zu Ihrer eigenen Sicherheit.
Autor: Sushma Jayaprakash
Übersetzt von: Julius Bussenius