DWS Hauptversammlung 2023: Unsere Rede zu Greenwashing, Plastik, Biodiversität
Und nun geht der Marathon der Hauptversammlungen 2023 langsam zu Ende. Wir haben es uns nicht entgehen lassen, auch bei der DWS vorbeizuschauen, denn die Deutsche Bank Tochter ist der größte Vermögensverwalter Deutschlands. Wir untersuchen in unser gemeinsamen Fairen-Fonds-Datenbank von Facing Finance und urgewald die Portfolios der Publikumsfonds und ETFs der DWS nach Aktienbeteiligung und Anleihenbesitz an Unternehmen, die gegen ESG-Kriterien verstoßen.
Zusammen mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hat Facing Finance vorab Fragen zu drei Themenblöcken an die DWS geschickt und dank der Übertragung des Rederechts durch den Dachverband live auf der Hauptversammlung zum Themen Plastik und Greenwashing bei Coca Cola gesprochen. In den untenstehenden Abschnitten haben wir die wichtigsten Antwortpunkte zusammengefasst.
In unserer Rede haben wir einen offenen Brief des Bündnisses End Plastic Pollution aus Uganda vorgelesen. Es ist ein Zeugnis derjenigen Menschen, die an vorderster Front der Plastikverschmutzung stehen und aus diesem Grund möchten wir ihn in diesem Blogartikel zu aller erst erwähnen.
Das Bündnis End Plastic Pollution aus Uganda © End Plastic Pollution – Uganda / Photo.
Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,
Es ist bestätigt: Plastik ist in unseren menschlichen Körpern und Blutbahnen vorhanden. Plastikmüll landet auf Mülldeponien und Müllhalden in unseren lokalen Gemeinschaften hier in Uganda.
Wir haben 3 große Müllsammelaktionen durchgeführt und jedes einzelne Plastikteil einem Hersteller zugeordnet. Das Ergebnis: Coca Cola ist der größte Plastikverschmutzer von allen. Wir konnten am Viktoriasee und am Fluss Rwizi je 20% und 35% der Müllartikel direkt der Markenfamilie des Getränkekonzerns zuordnen.
In diesen Zeiten brauchen wir dringend Maßnahmen zur Bekämpfung der Plastikkrise. Stattdessen konzentrieren sich Unternehmen wie Coca-Cola auf einseitige und unrealistische Ansätze wie etwa der starke Fokus auf Recyclingmaßnahmen zeigt. Das propagierte Recycling hat weltweit bereits versagt, da nur 9 % des jemals produzierten Kunststoffs recycelt wurden.
Wir können nicht warten, bis tatsächlich alle unsere Flüsse mit Plastik überschwemmt und unsere Seen verschmutzt sind. Jeder fünfte Fisch, der im Viktoriasee gefangen wird, hat nachweislich Plastik zu sich genommen. Uganda ist in hohem Maße von der Landwirtschaft abhängig, und dennoch versickert und vergiftet Plastik weiterhin unser Ackerland. Auch ist Plastik bekanntlich ein Klimaproblem und Uganda gehört zu den Ländern, die nicht widerstandsfähig genug sind, um die Auswirkungen der Klimakrise zu bewältigen.
Dies ist ein Appell an Sie, die DWS, ihre Investitionen in Coca Cola zu überdenken, denn dadurch tragen Sie eine Mitverantwortung für die immense Umweltverschmutzung hier in Uganda und weltweit. Wir möchten Ihnen dabei drei Empfehlungen mit an die Hand geben, was Sie von dem Unternehmen einfordern sollten:
Ersten, ist es an der Zeit, dass Coca Cola
offenlegt.
Das Unternehmen muss veröffentlichen, wie viele Einheiten von Einwegplastik es produziert und für welche Zwecke.
Zweitens, ist es an der Zeit, dass Coca Cola
reduziert.
Das Unternehmen sollte sich verpflichten, die Anzahl der von Ihnen hergestellten und verwendeten Einwegkunststoffe und Verpackungen mit einem klar definierten, öffentlich zugänglichen Aktionsplan, der auf messbare Ergebnisse abzielt, tatsächlich zu reduzieren.
Drittens, ist es an der Zeit, dass Coca Cola
umgestaltet.
Das Unternehmen sollte ihre Produktverpackungen hin zu Mehrwegsystemen verändern.
Wir schreiben diesen Brief in der Erwartung, dass die DWS nur dann weiter in Coca Cola investiert, wenn das Unternehmen sich zur Einhaltung der oben genannten Empfehlungen verpflichten, um den Status als Ugandas größten Plastikverschmutzer zu verlieren.
End Plastic Pollution – Uganda.
Eingereichte Fragen an die DWS:
PLASTIK
Frage
Wurden oder werden seitens der DWS Anstrengungen unternommen, eine Investitionsrichtlinie im Interesse der Aktionär*innen zum Thema Einwegplastik zu entwickeln?
Wenn ja, nach welchen Kriterien wird Einwegplastik bewertet? Wird die Richtlinie den gesamten Plastik-Lebenszyklus – also insbesondere inklusive Rohstoffgewinnung, Rohstoffverarbeitung, Produktherstellung und Verteilung – berücksichtigen?
Wenn ja, wann dürfen die Aktionär*innen der DWS eine entsprechenden Investitionsrichtlinie zu Einwegplastik erwarten?
Wenn nein, warum hat das Thema Einwegplastik trotz der damit einerseits verbundenen klimatischen, ökologischen und sozialen Belastungen sowie dem andererseits wachsenden Risiko für „Stranded Assets“ keine Priorität für die DWS?
Unter welchen konkreten Bedingungen würde ein Divestment von Unternehmen erfolgen, welche Einwegplastik produzieren?
Antwort der DWS
Wir verfolgen die Entwicklung vieler Themen im Bereich Nachhaltigkeit. Dazu gehört auch die Diskussion zum Thema Einwegplastik. Aktuell wendet die DWS keine Investitionsrichtlinie an, die sich spezifisch an das Thema Einwegplastik richtet. Wir sind aber bestrebt, unseren Investmentansatz regelmäßig und unter Berücksichtigung sich entwickelnder Vorschriften und Branchenstandards zu überprüfen – das umfasst auch die regelmäßige Prüfung, ob eine Erweiterung bestehender oder die Einführung neuer Richtlinien notwendig ist.
Frage
Welche Schritte unternimmt die DWS im Rahmen der Engagementdialoge mit Unternehmen entlang des Plastikzyklus, um von diesen verbindliche, zeitgebundene und ambitionierte Verpflichtungen zur signifikanten Reduzierung des Plastikverbrauchs, insbesondere von Einwegplastik in Bezug auf Gesamt- und Produktionsmasse, einzufordern?
Antwort der DWS
Wir engagieren uns mit Portfoliounternehmen weltweit in vielen Sektoren, wobei in einigen Geschäftsbereichen Plastik eine große Rolle spielt. Wir ermutigen die Unternehmen zu einer verbesserten Offenlegung ihres Verpackungsverbrauchs und ihrer Abfallentsorgung mit Angaben zur Art der Abfälle und zu den Regionen, in denen sie anfallen. Darüber hinaus setzen wir uns für die Erforschung und Entwicklung von Alternativen und die Erkundung von Möglichkeiten für ein Kreislaufwirtschaftsmodell ein (unser Active Ownership Report 2022 zeigt ein Engagement-Beispiel zu diesem Themenkomplex auf Seite 28).
Frage
Fordert die DWS im Engagementdialog Kunststoffproduzenten, Konsumgüterkonzerne oder Onlinehändler auf, ihren Plastik- und Materialverbrauch detailliert offenzulegen?
Antwort der DWS
Bei unseren Engagementgesprächen mit Portfoliounternehmen, bei denen dies ein materielles Thema ist, sprechen wir Kunststoffe, Verpackungen, Abfall und Abfallbewirtschaftungspraktiken an und fordern als Erstes mehr Transparenz. Dabei geht es z.B. um erzeugte Abfallmengen, Abfallarten, Verbesserungen oder Verschlechterungen im Jahresvergleich, behandelte oder nicht behandelte Abfallverlagerung und Regionen, in denen die Abfälle anfallen.
Frage
Welche Strategien hat die DWS im Umgang mit Greenwashing durch investierte Unternehmen entwickelt?
Antwort der DWS
Grundsätzlich sollten wir festhalten, dass der Begriff „Greenwashing“ bisher nicht eindeutig definiert ist. Beispielsweise für die Finanzindustrie erklärten die europäischen Finanz-Aufsichtsbehörden (EBA, EIOPA, ESMA) in ihrem jüngsten Zwischenbericht („Progress Report on Greenwashing“, 31.05.2023), dass die EU-Gesetze gegenwärtig nur erste Referenzpunkte darstellen, um ein allgemeingültiges Verständnis des Begriffes zu schaffen (S. 10).
Im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung hat die Transparenz im Laufe der vergangenen Jahre zugenommen. Wir haben im Rahmen unserer Engagements auch entsprechende Transparenz eingefordert. Wir verfolgen die aktuellen Bestrebungen z.B. durch das ISSB (International Sustainability Standards Board) und die EFRAG (European Financial Advisory Group), einheitliche Berichtsmaßstäbe im Nachhaltigkeitsbereich zu etablieren. Auf dieser Basis dürften künftig auch harmonisierte Prüfungsmaßstäbe eine externe Bewertung vereinfachen.
Vorwürfe gegen Portfoliounternehmen nehmen wir grundsätzlich ernst und legen Wert auf die Überprüfbarkeit gemachter Angaben. Wir erwarten daher, dass Portfoliounternehmen ihre berichteten Kennzahlen und Angaben einer Prüfung durch eine externe Partei (z.B. reasonable assurance) unterziehen.
GREENWASHING
Frage
Welche Konsequenzen zieht die DWS, wenn sie Greenwashing bei Unternehmen feststellt?
Antworten der DWS
Wir nehmen Vorwürfen gegen Portfoliounternehmen ernst. Vorwürfe des „Greenwashings“ werden von uns ebenso in Engagement-Gesprächen mit Unternehmen adressiert wie andere Themen, die von uns als relevant eingestuft werden. Erhärten sich die Vorwürfe, dass unrichtige Angaben gemacht wurden, adressieren wir dies auch. Hierbei erwarten wir Transparenz über die von der Gesellschaft ergriffenen Maßnahmen zur Aufklärung von entsprechenden Vorwürfen. Entsprechend der Vorwürfe und der ergriffenen Maßnahmen passen wir unser Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung und unseren Engagementaktivitäten an. Falls wir hierbei einen Fall von “Greenwashing” feststellen würden, könnte der letzte Schritt des Eskalationsprozesses die Reduzierung oder die Veräußerung der Positionen bedeuten.
Frage
Wie begegnet die DWS rechtlichen Risiken oder Reputationsschäden durch nicht-erkanntes Greenwashing bei investierten Unternehmen und welche Schritte unternimmt sie, um diesbezüglich Transparenz und Rechenschaft zu gewährleisten?
Antwort der DWS
Rechtliche Risiken oder Reputationsschäden durch nicht erkanntes Greenwashing bei investierten Unternehmen betrachten wir als Materialisierung von Nachhaltigkeitsrisiken und damit als Teil der Investmentrisiken. Im Einklang mit den jeweiligen regulatorischen Vorgaben berücksichtigt die DWS Nachhaltigkeitsrisiken betreffend der Portfoliounternehmen sowohl in den Investmentprozessen als auch in zugehörigen Kontrollprozessen. Ferner macht die DWS mögliche Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf die verwalteten Produkte in den jeweiligen Verkaufsunterlagen transparent. Hierbei wird sowohl auf Nachhaltigkeitsrisiken betreffend unternehmensspezifischer Aktivitäten hingewiesen (aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance) als auch auf physische Klimarisiken und Klimatransitionsrisiken. Die DWS ist bestrebt, die zugehörigen Prozesse sowie die Transparenz zu daraus resultierenden Risiken im Rahmen sich entwickelnder regulatorischer Standards und Marktstandards weiterzuentwickeln.
Frage
Hat die DWS Kenntnisse über die seit einigen Jahren erhobenen Greenwashing-Vorwürfe gegenüber The Coca-Cola Company?
Antwort der DWS
Die gegenüber The Coca-Cola Company erhobenen Vorwürfe sind uns bekannt.
Frage
Hat die DWS Maßnahmen eingeleitet, seit sie zum ersten Mal von den Greenwashing-Vorwürfen gegenüber The Coca-Cola Company Kenntnis erlangt hat, und wenn ja, welche?
Antwort der DWS
Grundsätzlich müssen wir festhalten, dass der Begriff „Greenwashing“ industrieübergreifend bisher nicht eindeutig definiert ist. Beispielsweise für die Finanzindustrie erklärten die europäischen Finanz-Aufsichtsbehörden (EBA, EIOPA, ESMA) in ihrem jüngsten Zwischenbericht („Progress Report on Greenwashing“, 31.05.2023), dass die EU-Gesetze gegenwärtig nur erste Referenzpunkte darstellen, um ein allgemeingültiges Verständnis des Begriffes zu schaffen (S. 10).
Zur Coca-Cola Company können wir sagen, dass wir uns seit 2021 im Dialog befinden und u.a. den Einsatz von recycelbarem Kunststoff bzw. Verpackungen sowie den Einsatz von Mehrweg-Flaschen diskutieren.
BIODIVERSITÄT
Frage
Welche Maßnahmen ergreift die DWS, um die Auswirkungen ihrer Investitionen auf die biologische Vielfalt zu bewerten und zu reduzieren?
Ist eine Veröffentlichung des Biodiversitäts-Fußabdrucks der Finanzaktivitäten der DWS angestrebt?
Wie bereitet sich die DWS auf die sich schnell entwickelnden regulatorischen Anforderungen im Bereich Biodiversität vor?
Antwort der DWS
Wir verfolgen die Entwicklung vieler Nachhaltigkeitsaspekte, einschließlich des Aspekts der biologischen Vielfalt. Die Biodiversität betreffende Nachhaltigkeitsfaktoren sind in mehrfacher Hinsicht eng mit klimabezogenen Nachhaltigkeitsfaktoren verknüpft. Zum einen spielen Ökosysteme eine wichtige Rolle bei der Emission und der Bindung von Treibhausgasen und bei der Anpassung an ein sich veränderndes Klima. Zum anderen sind die Ursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt gleichzeitig oft bedeutende Quellen von Treibhausgasemissionen (z. B. Entwaldung). Wir erwarten, dass der Verlust der biologischen Vielfalt sowie die regulatorischen Maßnahmen, diesen einzudämmen, auch zu möglichen finanziellen Risiken aber auch Chancen führen können. Im Einklang mit der individuellen Anlagepolitik der einzelnen Finanzprodukte berücksichtigen wir bereits heute gewisse Wald- und Wasser-bezogene Risiken. Die zugrundeliegenden Bewertungsansätze basieren unter anderem auf Daten externer ESG-Datenanbieter sowie DWS-internem Research. Darüber hinaus werden die von der Offenlegungsverordnung betroffene DWS-Gesellschaften nachteilige Auswirkungen (Principal Adverse Impacts) betreffend Biodiversität berücksichtigen und über entsprechende Auswirkungen und die dazugehörige Datenbasis berichten.