Allianz Hauptversammlung 2025: Unsere Fragen zu Rüstung und Staatsanleihen

08 Mai 2025

Am 8. Mai 2025 trafen sich die Aktionäre des Finanzkonzerns Allianz SE zur Jahreshauptversammlung, um über das vergangene Geschäftsjahr und die künftige Ausrichtung des Konzerns zu diskutieren. Auf der Hauptversammlung haben Aktionäre die Möglichkeit, Fragen an den Konzern zu stellen und dieser ist dazu verpflichtet, die Fragen zu beantworten. Dank Christian Russau und dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre konnte Facing Finance e.V. auch einige Fragen an den Vorstand der Allianz stellen. Dieses Jahr haben wir vor allem Fragen zu Rüstung gestellt, da Allianz Global Investors - eine Tochter der Allianz SE - kürzlich die Rüstungsrichtlinie der ESG-Fonds geändert hat, um künftig nicht nur mit konventionellen Fonds, sondern auch mit nachhaltig gelabelten Fonds in reine Waffenhersteller investieren zu können. Zudem haben wir nachgefragt, wie es um demokratie- oder menschenrechtsbezogene Kriterien für Staatsanleihen steht.

 

Unsere Fragen zur neuen Rüstungsrichtlinie von Allianz Global Investors

  • Verschiedene Fondshäuser wie Deka oder Union Investment sagen, Rüstung sei notwendig, aber nicht nachhaltig und begründen damit ihre Entscheidung, mit konventionellen Fonds in Rüstung zu investieren, aber mit nachhaltig gelabelten Fonds nicht. Warum hat sich Allianz Global Investors (AGI) dieser Vorgehensweise nicht angeschlossen? Was spricht aus der Sicht von Allianz Global Investors dagegen ausschließlich mit konventionellen Fonds in Rüstung zu investieren?
  • Gab es vor der Entscheidung, künftig Rüstung in nachhaltig gelabelte Fonds aufzunehmen, eine Umfrage unter Kunden, Investoren oder anderen Stakeholdern? Glaubt Allianz, dass die Mehrheit der Investoren der nachhaltig gelabelten Fonds von Allianz Global Investors zufrieden sind mit dieser Richtungsänderung? Wie sind die Reaktionen der Investoren und Kunden auf die Richtungsänderung ausgefallen?
  • Welche Rolle hat die finanzielle Performance von Rüstungsaktien seit 2022 gespielt bei der Entscheidung von Allianz Global Investors, künftig mit nachhaltig gelabelten Fonds in Rüstung zu investieren? Welche Rolle hat die Befürchtung von Fondsmanagern gespielt, sie könnten ohne Rüstungsaktien ihre Benchmark unterperformen?
  • Es gibt aktuell divergierende Einschätzungen von kontroversen und geächteten Waffen im Finanzsektor. Bei einigen völkerrechtlich geächteten Waffen - Landminen, Streubomben, Biowaffen, Chemiewaffen - gibt es im Finanzsektor Einigkeit, dass diese nicht in nachhaltig gelabelte Fonds gehören. Aber bei einigen kontroversen Waffen - Atomwaffen, weißer Phosphor, Brandbomben, blindmachende Laserwaffen - geht neuerdings die Einschätzung auseinander. Offenbar können Firmen, die an der Atomwaffenproduktion beteiligt sind, künftig Teil von nachhaltig gelabelten Fonds von Allianz Global Investors sein. Warum beurteilt Allianz Atomwaffen nun anders? Wie ist die Position der Allianz zu diesen kontroversen Waffen? Können Firmen, die an der Produktion von weißem Phosphor, Brandbomben oder blindmachenden Laserwaffen beteiligt sind, künftig in nachhaltig gelabelten Fonds von Allianz Global Investors sein?

 

Unsere Fragen zu Rüstungsexporte in Kriegsgebiete

  • Die Allianz hat keinerlei Kriterien gegen Rüstungsexporte an kriegführende und menschenrechtsverletzende Regime. Europäische Rüstungsfirmen rüsten nicht nur die EU-Armeen auf, sondern exportieren auch Waffen für völkerrechtswidrige Kriege in Libyen, Syrien, Jemen, Sudan, Gaza, Myanmar, Karabach, etc. Somit können Firmen, die völkerrechtswidrige Angriffskriege mit Waffenlieferungen unterstützen, künftig Teil von nachhaltig gelabelten Fonds von Allianz Global Investors sein. Plant Allianz, künftig Kriterien gegen Rüstungsexporte an kriegführende und menschenrechtsverletzende Regime zumindest für nachhaltig gelabelte Fonds zu implementieren? Falls ja, wie werden diese Kriterien konkret aussehen? Plant die Allianz einen Ausschluss von Firmen, die Waffen an menschenrechtsverletzende Diktaturen liefern? Plant die Allianz einen Ausschluss von Firmen, die Waffen an Parteien liefern, die an den Kriegen in Libyen, Syrien, Jemen, Sudan, Gaza, Myanmar, Karabach beteiligt sind? Plant die Allianz einen Ausschluss von Firmen, die Waffen liefern an Parteien, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese zur Verletzung von Menschenrechten oder Völkerrecht verwendet werden? Plant die Allianz einen Ausschluss von Firmen, die an korrupten Rüstungsdeals beteiligt sind? Welche Datengrundlagen wird die Allianz berücksichtigen zur Bewertung von Rüstungsexportpraktiken von Rüstungsfirmen? Den Corruption Tracker? Die ExitArms Datenbank? Die Sipri Arms Transfers Database? Andere Datengrundlagen?
  • Allianz Global Investors begründet die geänderte Richtlinie unter anderem mit der Notwendigkeit, die Armeen demokratischer europäischer Staaten auszurüsten. Sind der Allianz börsennotierte Rüstungsfirmen bekannt, die ausschließlich für die Sicherheitskräfte von demokratischen Staaten produzieren und keine Waffen an kriegführende und menschenrechtsverletzende Regime liefern? Falls ja, welche?
  • Plant Allianz Global Investors sich künftig im Rahmen von shareholder engagement als aktiver Aktionär bei Rüstungsfirmen dafür einzusetzen, dass diese keine Waffen an kriegführende und menschenrechtsverletzende Regime liefern? Plant Allianz auf Hauptversammlungen von Rüstungsfirmen gegen Vorstand und Aufsichtsrat zu stimmen wenn diese Firmen Waffen an kriegführende und menschenrechtsverletzende Regime liefern?

 

Unsere Fragen zu Staatsanleihen von menschenrechtsverletzenden Diktaturen

  • Derzeit hat der Allianz-Konzern keinerlei demokratie- oder menschenrechtsbezogene Kriterien für Staatsanleihen veröffentlicht, weder am Primärmarkt noch am Sekundärmarkt, weder beim Kauf noch bei Emittierung oder Underwriting, weder bei Anleihen in nationaler Währung noch bei Fremdwährungsanleihen. Hat die Allianz intern bereits demokratie- oder menschenrechtsbezogene Kriterien für Staatsanleihen festgelegt, die einfach nicht veröffentlicht wurden? Falls ja, wann plant die Allianz diese Kriterien zu veröffentlichen? Falls nein, warum hat die Allianz keinerlei Kriterien festgelegt?
  • Gerade bei der Ausgabe von Fremdwährungsanleihen von diktatorischen Regimen bestehen für den Allianz-Konzern menschenrechtliche Risiken. Plant die Allianz wenigstens für diesen Teilbereich des Staatsanleihenmarkts, demokratie- oder menschenrechtsbezogene Kriterien einzuführen und offenzulegen?
  • Die Allianz hat keine Engagement/Stewardship-Strategie für Staatsanleihen veröffentlicht. Andere wie z.B. Shareholders for Change haben gezeigt, dass Engagement/Stewardship auch bei Staatsanleihen möglich ist und teilweise zu positiven Ergebnissen führt. Hat der Allianz-Konzern im vergangenen Geschäftsjahr Engagement-Aktivitäten im Bereich Staatsanleihen vorgenommen? Falls ja, in wie vielen Fällen? Bei welchen Staaten konkret? Auf welche Art und Weise? Welche Ergebnisse wurden erzielt? Wurden die Engagement-Aktivitäten eingestellt oder halten sie an?

 

Antworten der Allianz auf unsere Fragen

Die Antworten sind nicht wortwörtlich, sondern beruhen auf Mitschriften.

  • Die Allianz redete viel von der Notwendigkeit einer robusten Rüstungsindustrie für die Verteidigung und Sicherheit Europas. Allerdings sagte die Allianz nicht, was die Notwendigkeit der Rüstungsproduktion in Europa zu tun hat mit der Aufnahme von Rüstung in ESG-Fonds. Spoiler: Hat nichts miteinander zu tun. Denn 1. produzieren europäische Rüstungsfirmen nicht nur für die Landesverteidigung Europas, sondern auch für völkerrechtswidrige Kriege weltweit und 2. finanzieren sich Rüstungsfirmen über Bankkredite und Anleihenverkäufe, nicht über ESG-Fonds, die am Sekundärmarkt Rüstungsaktien kaufen.
  • Die Allianz sagte, dass Allianz Global Investors normen-basierte Ausschlusskriterien gegen schwere Menschenrechtsverletzungen für ESG-Fonds behalte. Und: "Dies gilt auch für eine direkte oder indirekte Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen durch Waffenlieferungen." Wenn die Allianz das ernst meint, müsste sie Rüstungsfirmen, die Waffen an menschenrechtsverletzende Diktaturen und völkerrechtswidrige Kriege liefern, in ihren ESG-Fonds ausschließen. Damit wären die allermeisten Rüstungsfirmen raus. Die Anzahl der börsennotierten Rüstungsfirmen, die nicht beteiligt sind an Menschenrechtsverletzungen durch Waffenlieferungen in Kriege, in denen schwere Menschenrechtsverletzungen stattfinden, ist extrem klein. Wir werden das in Zukunft beobachten. Die Vergangenheit lehrt allerdings, dass Skepsis geboten ist und dass es wahrscheinlich ist, dass diese Ankündigung nicht eingehalten wird.
  • Dass diese Skepsis angebracht ist, zeigte sich auch in der Antwort der Allianz auf unsere Frage, ob Firmen, die Waffen exportieren an Parteien in den Kriegen in Libyen, Syrien, Jemen, Sudan, Gaza, Myanmar oder Karabach, von Investitionen ausgeschlossen werden sollen. Daraufhin antwortete die Allianz, dass sie voraussetze, dass Rüstungsfirmen Sanktionen und Rüstungsexportkontrollgesetze einhalten würden und dass die Überwachung dieser Einhaltung bei den Rüstungsfirmen selbst und bei staatlichen Behörden liege. Daraus lässt sich schließen, dass die Allianz in Firmen, die völkerrechtswidrige Kriege mit Waffenlieferungen unterstützen, investiert, und die Verantwortung bei den Rüstungsfirmen und Regierungen sieht, nicht bei sich selbst.
  • Unsere Frage, ob der Allianz börsennotierte Rüstungsfirmen bekannt seien, die ausschließlich für die Sicherheitskräfte von demokratischen Staaten produzieren und keine Waffen an kriegführende und menschenrechtsverletzende Regime liefern, wurde leider nicht beantwortet.
  • Auch unsere Frage, ob die Allianz sich durch shareholder engagement auf Hauptversammlungen bei Rüstungsfirmen dafür einsetzen will, einzusetzen, dass diese keine Waffen an kriegführende und menschenrechtsverletzende Regime liefern, wurde ignoriert.
  • Ebenso unbeantwortet blieb unsere Frage, welche Rolle die finanzielle Performance von Rüstungsaktien seit 2022 gespielt habe bei der Entscheidung von Allianz Global Investors, künftig mit nachhaltig gelabelten Fonds in Rüstung zu investieren.
  • Genauso wurde auch unsere Frage nach der Meinung der Stakeholder zur neuen Rüstungsrichtlinie ignoriert.
  • Die Allianz sagte, dass sie Investitionen in Staatsanleihen von Staaten mit schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen "beschränke". Zur Bewertung nutze sie Nachhaltigkeitsratings externe Datenanbieter und mache eine eigene Menschenrechtsrisikoanalyse auf Basis interner Recherchen und NGO-Informationen. Allerdings erklärte die Allianz nicht, was mit "beschränken" gemeint ist. Ein Ausschluss ist das offenbar nicht. Unsere Frage danach, wie konkret diese Kriterien aussehen und warum sie nicht offengelegt werden und wann sie veröffentlicht werden könnten, wurde nicht beantwortet. Auch unsere Frage nach Fremdwährungsanleihen wurde ignoriert.
  • Die Allianz beantwortete unsere Frage nach geächteten Waffen damit, dass sie lediglich Streumunition, Landminen, Bio- und Chemiewaffen ausschließe. Atomwaffen werden hingegen nicht ausgeschlossen. Unsere Frage nach den kontroversen Waffen weißer Phosphor, Brandbomben und Blindmachende Laserwaffen ließ die Allianz unbeantwortet.
  • Die Allianz sagte, dass sie eine Engagement/Stewardship-Strategie für Staatsanleihen habe und dabei auch sehr aktiv sei. Allerdings ging die Allianz nicht darauf ein, dass diese Stewardship-Strategie nicht veröffentlicht ist und unsere Fragen nach konkreten Beispielen, bei denen die Allianz Engagement mit Staaten betrieben hat, wurden nicht beantwortet.