Commerzbank Hauptversammlung 2025: Unsere Rede zu Tiefseebergbau, Waffenexporte, UniCredit
15 Mai 2025
Am 15. Mai 2025 trafen sich die Aktionäre der Commerzbank zur Jahreshauptversammlung, um über das vergangene Geschäftsjahr und die künftige Ausrichtung der Bank zu diskutieren. Auf der Hauptversammlung haben Aktionäre die Möglichkeit, Fragen an die Bank zu stellen und diese ist dazu verpflichtet, die Fragen zu beantworten. Dank Philipp Noack und dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre konnte Facing Finance e.V. auch eine Rede und einige Fragen zur Hauptversammlung beisteuern. Dieses Jahr haben wir Fragen gestellt zu Tiefseebergbau, Plastik, kontroversen Waffen, Rüstungsexporten, indigenen Völkern und einer möglichen Übernahme durch die italienische Großbank UniCredit.
Unsere Rede auf der Hauptversammlung
Ich beginne mit einem Lob. Die Commerzbank ist stets interessiert am Austausch mit Stakeholdern und schenkt auch kritischen Stimmen ein Ohr. Das ist nicht selbstverständlich.
Nun zu den Kritikpunkten und Verbesserungsvorschlägen. Erstens, Tiefseebergbau. Die Commerzbank hat bislang keine Richtlinie zu Tiefseebergbau veröffentlicht. Im ESG-Rahmenwerk gibt es einen Absatz zu Bergbau, aber dort wird nur Kohle-, Uran- und Goldbergbau behandelt. Nichts zu Tiefseebergbau. Die Tiefsee wird nur bezüglich Tiefseebohrung von Öl und Gas erwähnt. Intern ist das Thema offenbar bereits auf dem Schirm. Aber gibt es Planungen, eine Richtlinie zu Tiefseebergbau zu veröffentlichen? Falls ja, wann können die Aktionäre damit rechnen? Falls nein, was spricht dagegen, im ESG-Rahmenwerk im Absatz Bergbau auch Tiefseebergbau aufzunehmen?
Bereits 64 Banken und Konzerne haben das Business Statement für ein globales Moratorium von Tiefseebergbau „StopDeepSeabedMining“ unterschrieben. Plant die Commerzbank, dieses Business Statement ebenfalls zu unterschreiben, um so ein öffentliches Zeichen zu setzen?
Zweites Thema, Einwegplastik. Die Welt ertrinkt in Einwegplastik. Die Commerzbank finanziert Unternehmen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette von Einwegplastik, obwohl Einwegplastik durch neue Rechtsvorschriften in vielen Ländern immer risikobehafteter wird und neue Anlagen zur Herstellung von Einwegplastik zu stranded assets werden könnten. Daher ist Plastik auch ein finanzielles Risiko für Aktionäre. Doch leider hat die Commerzbank keine ernsthafte Plastik-Richtlinie. Im ESG-Rahmenwerk gibt es für den Sektor Petrochemie nur ein einziges Kriterium. Ich zitiere: „Geschäftsbeziehungen mit petrochemischen Unternehmen und petrochemische Projekte werden in der Commerzbank einer differenzierten Einzelfallprüfung unterzogen.“ Da steht einfach nur, wir finanzieren Plastik nach Einzelfallentscheidung, ohne irgendwelche Kriterien für den Entscheidungsprozess zu nennen.
Daher schlagen wir der Commerzbank jetzt ein paar Kriterien für eine Plastik-Richtlinie an, die sich auf Firmen in relevanten Industrien wie Konsumgüter, Einzelhandel, Fossilindustrie und Petrochemie beziehen: 1. Firmen veröffentlichen transparent ihren Plastik-Fußabdruck. 2. Firmen setzen sich konkrete zeitgebundene Ziele zur Reduzierung von Einwegplastik. 3. Firmen implementieren Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, einschließlich absoluter Plastikreduzierung und wiederverwendbarer Verpackung.
Hat die Commerzbank begonnen, eine neue Petrochemie-Richtlinie zu entwickeln, die das Thema Einwegplastik umfasst? Wenn ja, wann dürfen die Aktionäre eine solche Richtlinie erwarten?
180 Finanzinstitute haben einen Aufruf veröffentlicht für einen internationalen Vertrag zur Beendigung der Plastikverschmutzung "The Finance Statement on Plastic Pollution“. Die Commerzbank ist nicht dabei. Plant die Commmerzbank das Statement zu unterzeichnen?
Drittes Thema, kontroverse Waffen. Im ESG-Rahmenwerk definiert die Commerzbank Kriterien für Hersteller kontroverser und geächtete Waffen. Hier wollen wir explizit loben, dass die Commerzbank im ESG-Rahmenwerk konkret beschreibt welche Waffen sie als kontrovers definiert und auch dafür dass sie blindmachende Laserwaffen, Phosphorbomben und weißen Phosphor als kontrovers ansieht. Aber warum gelten Atomwaffen für die Commerzbank nicht als kontrovers? Und warum gelten Vollautonome Waffen für die Commerzbank nicht als kontrovers?
Viertes Thema, Rüstungsexporte. Im ESG-Rahmenwerk steht: „Wir finanzieren Rüstungsunternehmen, die Waffen und Rüstungssysteme für die Bundesrepublik Deutschland und ihre Verbündeten wie die Europäische Union herstellen.“ Warum geht die Commerzbank hier nicht einen Schritt weiter und sagt, dass sie ausschließlich Rüstungsgeschäfte für europäische Staaten finanziert? Können die Aktionäre mit so einer Änderung rechnen?
Bislang finanziert die Commerzbank Rüstungsfirmen, die nicht nur für Europa´s Landesverteidigung produzieren, sondern auch kriegführende und menschenrechtsverletzende Diktaturen beliefern. Wie geht die Commerzbank damit um, dass von ihr finanzierte Rüstungsfirmen auf der einen Seite die Bundeswehr und europäische Partnerarmeen ausstatten, aber auf der anderen Seite auch zu Menschenrechtsverletzungen beitragen durch Exporte nach Ägypten, Israel, Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Saudi-Arabien? Was hält die Commerzbank von der Idee, Rüstungsfirmen künftig nur noch zweckgebundene Finanzierungen zu geben, bei denen die Mittel nur für die Ausrüstung der EU-Armeen verwendet werden dürfen und keine allgemeinen Unternehmenskredite mehr? Was hält die Commerzbank von der Idee der Defense Bonds, bei denen die Use of Proceeds an die Produktion für die Ausstattung der EU-Armeen gebunden sind? Können die Aktionäre damit rechnen, dass die Commerzbank künftig keine allgemeinen Unternehmenskredite an Rüstungsfirmen vergibt, sondern nur noch zweckgebundene Kredite?
2020 war die Commerzbank an einem Konsortialkredit in Höhe von 990 Mio Euro an Hensoldt beteiligt. Das war kurz nachdem Hensoldt Artillerieortungsradare nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate exportiert hat. Beide Staaten führen im Jemen einen Krieg mit Hunderttausenden Toten und greifen dabei auch auf Hensoldt Artillerieortungsradare zurück. Ebenfalls 2020 verkaufte Hensoldt Artillerieortungsradare an Katar. Dieser Deal lief über die Firma MSC, die eng mit der katarischen Herrscherfamilie verbunden ist, und war wohl mit Korruptionszahlungen verbunden. Hensoldts hausinterne Compliance-Abteilung hatte vor dem Korruptionsrisiko gewarnt und trotzdem wurde der Deal eingegangen. Waren die Waffendeals von Hensoldt mit Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten Gegenstand der Gespräche zwischen Hensoldt und der Commerzbank im Vorfeld des Konsortialkredits 2020?
Im Januar 2024 war die Commerzbank an einem Konsortialkredit von 700 Mio Euro für Hensoldt beteiligt. Das war kurz nachdem Hensoldt neue Radarsysteme für Kriegsschiffe nach Saudi-Arabien exportiert hat. Diese Kriegsschiffe könnten eingesetzt werden für die Seeblockade jemenitischer Häfen durch Saudi-Arabien, die zu Hungersnot im Jemen geführt hat. Kurz nach Lieferung dieser Kriegsschiffsradare erhielt Hensoldt den neuen Konsortialkredit von der Commerzbank. Waren die Waffendeals von Hensoldt mit Saudi-Arabien Gegenstand der Gespräche zwischen Hensoldt und der Commerzbank im Vorfeld des Konsortialkredits im Januar 2024?
Fünftes Thema, indigene Völker. Viele andere Banken erwarten von Unternehmen, die sie finanzieren, dass sie die Rechte lokaler Gemeinden achten, indem sie die freie, vorherige und informierte Einwilligung (FPIC) der betroffenen Bevölkerungen einholen. Die Commerzbank hat bislang keine Richtlinie dazu veröffentlicht. Plant die Commerzbank eine Änderung ihrer Richtlinien, sodass es für finanzierte Firmen verpflichtend wird, die freie vorherige und informierte Einwilligung (FPIC) der betroffenen Bevölkerungen einzuholen? Falls ja, wann können die Aktionäre damit rechnen?
Sechstes Thema, UniCredit. Falls es zu einem Zusammenschluss von Commerzbank und UniCredit kommt, müssten auch die Nachhaltigkeitsrichtlinien harmonisiert werden. Die Commerzbank verlangt von Kohlefirmen, die sie finanziert, dass diese bis Ende 2025 einen Plan für den Kohleausstieg bis 2030 vorlegen. Die UniCredit ist hier ambitionierter und hat einen klaren Plan zum kompletten Kohleausstieg bis 2028. Würde die Commerzbank im Falle eines Zusammenschlusses mit der UniCredit den Plan zum kompletten Kohleausstieg bis 2028 übernehmen?
Auf der anderen Seite ist es höchst kritisch, dass sich die Richtlinien und Standards der UniCredit überwiegend nur auf Projektfinanzierungen beziehen und nicht auf allgemeine. Für die Vergabe allgemeiner Unternehmensfinanzierungen fehlen der UniCredit Richtlinien. Würde die Commerzbank im Falle eines Zusammenschlusses mit der UniCredit ihre Finanzierungsrichtlinien, die sich auf allgemeine Unternehmensfinanzierungen beziehen, behalten?
Unser Gegenantrag zur Hauptversammlung mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre findet sich hier.
Auch andere Aktionäre haben hier Gegenanträge eingereicht. Darin finden sich kuriose Sätze wie "Bei ihren Zustimmungsraten bei den Wahlen würde sich sogar Erich Honecker im Grabe umdrehen" oder "den Vergütungsbericht könnte man auch als Märchenbericht, als Märchenstunde bezeichnen" oder "Herr Vorstandsvorsitzender können Sie eigentlich Ihre Vergütung noch selber berechnen oder benötigen Sie dazu einen Vergütungsberater".