Deutsche Bank Hauptversammlung 2025: Unsere Rede zu Tiefseebergbau, Plastik, Rüstung, Fossile

23 Mai 2025

Am 22. Mai 2025 trafen sich die Aktionäre der Deutschland zur Jahreshauptversammlung, um über das vergangene Geschäftsjahr und die künftige Ausrichtung der Bank zu diskutieren. Auf der Hauptversammlung haben Aktionäre die Möglichkeit, Fragen an die Bank zu stellen und diese ist dazu verpflichtet, die Fragen zu beantworten. Wir haben einige Fragen gestellt, und mehr oder weniger zufriedenstellende Antworten erhalten:

„Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
sehr geehrter Vorstand und Aufsichtsrat,

mein Name ist Frederike Potts. Ich bin geschäftsführende Vorständin bei dem Verein Facing Finance und darf hier heute wegen der freundlichen Übertragung der Stimmrechte durch den Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre sprechen. Vielen Dank auch dafür.

Ich möchte mit einem Lob starten: Im Herbst 2024 hat die Deutsche Bank eine Richtlinie zum Tiefseebergbau veröffentlicht, wonach sie die direkte Finanzierung von Tiefseebergbauprojekten ausschließt. Das ist ein erster Schritt – doch dieser betrifft lediglich zweckgebundene Projektfinanzierungen.

Daher meine Frage: Gibt es Pläne, in einem zweiten Schritt diese Richtlinie auszuweiten, sodass sie sich nicht mehr nur auf zweckgebundene Finanzierung von Tiefseebergbauprojekten bezieht, sondern auch auf allgemeine Unternehmensfinanzierungen von Firmen, die in dem Bereich involviert sind?

Neben reinen Tiefseebergbauunternehmen gibt es auch Firmen, die nur unter anderem in diesem Bereich aktiv sind – zum Beispiel breit aufgestellte Bergbaukonzerne oder Zulieferer von Ausrüstung für den Tiefseebergbau. Zu den Unternehmen, die von der Deutschen Bank finanziert werden, gehören etwa die Continental AG und die Bauer AG. Auch bei Aktieninvestitionen ist die Deutsche Bank an Unternehmen beteiligt, die mit Tiefseebergbau zu tun haben – darunter die Deme Group, China Rare Earth Resources and Technology, Noble Corporation, Ackermans & van Haaren und Bosch Ltd in Indien.

Für solche Firmen könnte die Deutsche Bank festlegen, dass sie keine allgemeinen Unternehmensfinanzierungen mehr erhalten, bei denen das Geld potenziell für Aktivitäten im Tiefseebergbau verwendet werden kann.

Daher hier meine Frage: Plant die Deutsche Bank, Unternehmen mit Verbindungen zum Tiefseebergbau künftig nur noch zweckgebundene Finanzierungen zu gewähren – und keine allgemeinen Unternehmensfinanzierungen mehr?

Antwort:

  • Wir verfolgen aufmerksam die anhaltenden politischen Diskussionen und Einschätzungen der Wissenschaft, Industrie und Interessengruppen hinsichtlich der Auswirkungen des Tiefseebergbaus. Dazu gehören auch die Abstimmungen auf Ebene der Internationalen Meeresbodenbehörde. Aktuell planen wir jedoch keine Auswirkungen unserer Richtlinie zum Tiefseebergbau auf die allgemeine Unternehmensfinanzierung.

 

Neben dem Tiefseebergbau habe ich weitere Fragen an die Deutsche Bank zum Thema Plastik.

Die Deutsche Bank finanziert Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Einwegplastik. Bislang hat die Bank keine dezidierte Plastikrichtlinie veröffentlicht für Firmen in relevanten Industrien wie Konsumgüter, Einzelhandel, Fossilindustrie und Petrochemie. Hat die Deutsche Bank begonnen, eine Richtlinie zu entwickeln, die das Thema Einwegplastik umfasst? Wenn ja, wann dürfen die Aktionäre eine solche Richtlinie erwarten? Wenn nein, warum hält die Deutsche Bank es nicht für nötig, die Finanzierung von Plastik in einer öffentlichen Richtlinie zu adressieren?

Antwort:

  • Die Themen Kreislaufwirtschaft spielen bereits heute eine wichtige Rolle in unseren ökologischen und sozialen Sorgfaltspflichten. Eine eigenständige Richtlinie zum Thema Plastik planen wir aktuell nicht.

180 Finanzinstitute haben einen Aufruf veröffentlicht für einen internationalen Vertrag zur Beendigung der Plastikverschmutzung „The Finance Statement on Plastic Pollution“, das Ihnen denke ich bekannt ist. Die Deutsche Bank ist nicht dabei. Plant Sie, das Statement zukünftig zu unterzeichnen bzw. warum nicht?

Antwort:

  • Wir haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Selbstverpflichtungen unterzeichnet, darunter die Back Blue Initiative. Auf deren Grundlage haben wir unsere Richtlinien zum Ozeanenschutz gestärkt. Wir fühlen uns damit gut aufgestellt. Mit Blick auf Erklärungen und Selbstverpflichtungen möchte ich grundsätzlich sagen: Jede Erklärung oder Selbstverpflichtung, die wir unterschreiben, muss zuvor sorgfältig auf ihre konkreten Auswirkungen überprüft werden, um potenzielle Widersprüche oder sogar das Risiko von Greenwashing zu vermeiden. Das ist ein aufwendiger Prozess. Wir können nicht jede Selbstverpflichtung unterschreiben, auch wenn wir sie inhaltlich für grundsätzlich erachten.

 

Nicht nur im Umweltbereich, auch bei Menschenrechten und bewaffneten Konflikten trägt die Finanzierungspraxis von Banken erhebliche Verantwortung. Somit möchte ich heute auch einige Fragen zur Finanzierung der Rüstungsindustrie stellen.

Im Jahr 2020 war die Deutsche Bank an einem Konsortialkredit über 990 Mio. Euro für das Rüstungsunternehmen Hensoldt beteiligt, kurz nachdem Hensoldt Artillerieortungsradare nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate exportiert hatte. Beide Staaten sind maßgeblich am Krieg im Jemen beteiligt – einem der tödlichsten Konflikte dieser Zeit – und setzen dabei die Technik von Hensoldt ein.

Im selben Jahr lieferte Hensoldt Artillerieortungsradare an Katar. Der Deal wurde über die Firma MSC abgewickelt, die enge Verbindungen zur katarischen Herrscherfamilie hat, und war laut Medienberichten möglicherweise von Korruptionszahlungen begleitet. Trotz Warnungen der hausinternen Compliance-Abteilung wurde das Geschäft abgeschlossen.

Dazu meine Frage: Waren die Waffenexporte von Hensoldt nach Saudi-Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate Thema in den Gesprächen zwischen Hensoldt und der Deutschen Bank im Vorfeld der Kreditvergabe im Jahr 2020?

Im Januar 2024 war die Deutsche Bank ebenfalls an einem Konsortialkredit von 700 Mio Euro für Hensoldt beteiligt. Kurz zuvor hatte Hensoldt neue Radarsysteme für Kriegsschiffe nach Saudi-Arabien geliefert, welche bei der Seeblockade jemenitischer Häfen eingesetzt werden könnten – eine Blockade, die im Jemen zu schwerer Hungersnot geführt hat.

Meine Frage: Wurden diese Waffenlieferungen von Hensoldt an Saudi-Arabien im Vorfeld des Konsortialkredits im Januar 2024 mit der Deutschen Bank besprochen?

Antwort:

  • Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir auch in dieser Hauptversammlung keine Auskunft zu potenziellen oder bestehenden Kundenbeziehungen geben werden. Auch zu Fragen nach der Finanzierung oder Nichtfinanzierung durch die Bank äußern wir uns grundsätzlich nicht. Generell gilt: Im Rahmen unserer Sorgfaltspflicht überprüfen wir alle unsere Geschäfte auf Einzelfallbasis – dies gilt somit auch für Transaktionen mit Bezug auf den Verteidigungssektor. Bei den Einzelfallentscheidungen berücksichtigen wir die geopolitische Lage des Empfängerlandes, wobei Länder, die in Konflikte involviert sind, besondere Aufmerksamkeit erhalten. Falls wir Bedenken hinsichtlich bestimmter Transaktionen haben, werden wir diese im Rahmen einer erweiterten Sorgfaltsprüfung prüfen und eine Transaktion im Zweifelsfall ablehnen.

 

Im Zusammenhang stellt sich die Frage, wie die Deutsche Bank mit Unternehmen umgeht, die völkerrechtlich geächtete Waffen herstellen. Anders als etwa die Commerzbank schließt sie allgemeine Unternehmenskredite für Hersteller von Streumunition, Antipersonenminen oder ABC-Waffen bislang nicht aus. Gibt es Pläne, solche Finanzierungen künftig auszuschließen oder zumindest auf zweckgebundene Kredite zu beschränken?

Antwort:

  • Die Deutsche Bank verurteilt den Einsatz kontroverser Waffen und verfügt über eine entsprechende Richtlinie, die die direkte Finanzierung solcher Waffen verbietet. Diese basiert auf internationalen Verträgen und Verboten, die auch im deutschen Kriegswaffenkontrollgesetz verankert sind. Als kontroverse Waffen im Sinne dieser Richtlinie gelten Streumunition, Antipersonenminen, chemische, biologische und nukleare Waffen sowie weitere umstrittene konventionelle Waffen, wie sie im „Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßig schaden oder unterschiedslos wirken können, in der Fassung des 21. Septembers 2001“ definiert sind.

[Unsere Anmerkung: Die Deutsche Bank schließt lediglich die direkte Finanzierung dieser geächteten Waffen aus, aber allgemeine Unternehmensfinanzierungen für Hersteller dieser geächteten Waffen sind weiterhin möglich.]

Zudem interessiert mich: Welche Waffen gelten für die Deutsche Bank als kontrovers? Zählen dazu auch Brandbomben, Phosphorbomben, Weißer Phosphor und blindmachende Laserwaffen als kontroverse Waffen?

Antwort:

  • Die Deutsche Bank definiert kontroverse Waffen auf Basis des „Übereinkommens über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßig schädigend oder unterschiedslos wirken können“ in der Fassung vom 21. September 2001. Dies schließt auch blendende Laserwaffen und Brandwaffen mit ein.

 

Bislang finanziert die Deutsche Bank Rüstungsfirmen, die nicht nur EU-Streitkräfte zur Landesverteidigung beliefern, sondern auch autoritäre Staaten. Wie geht die Deutsche Bank damit um? Was hält die Deutsche Bank von der Idee, Rüstungsfirmen künftig nur noch zweckgebundene Finanzierungen zu geben, bei denen die Mittel nur für die Ausrüstung der EU-Armeen verwendet werden dürfen und keine allgemeinen Unternehmenskredite mehr? Was hält die Deutsche Bank von der Idee der Defense Bonds, bei denen die Use of Proceeds an die Produktion für die Ausstattung der EU-Armeen gebunden sind?

Antwort:

  • Auf Basis unserer bestehenden Richtlinien und der geltenden Gesetze stehen und standen wir der deutschen und europäischen Verteidigungsindustrie mit Finanzierungslösungen zur Seite. Wir sehen uns hier in besonderer Verantwortung. Im Rahmen unserer Sorgfaltspflicht prüfen wir im Einzelfall die geopolitische Lage des Empfängerlandes, die involvierten Güter, den Endnutzen und die Endnutzer eines Geschäfts. Falls wir Bedenken haben, führen wir eine erweiterte Sorgfaltsprüfung durch und lehnen einige Transaktionen im Zweifelsfall ab. Hinsichtlich etwaiger Finanzierungsformen geht die Bank auf den spezifischen Kundenbedarf ein, um zielgerichtete Lösungen zu unterbreiten. Hierzu zählt auch die Möglichkeit der Nutzung von Defense Bonds. Diese unterliegen den gleichen Richtlinien und Prüfungen wie alle anderen Transaktionen und Kunden im Verteidigungssektor.

 

Und nun zu meinem letzten Thema, dem Klima: Die deutsche Bank schließt direkte Finanzierungen neuer Kohlekraftwerke und -minen aus. Allgemeine Unternehmenskredite an Firmen, die solche Projekte weiterentwickeln, werden aber weiterhin vergeben. Auch Firmen mit mehr als 50% Kohleumsatz dürfen bis 2025 in OECD-Ländern bzw. 2030 global noch finanziert werden. Damit ist die Richtlinie weniger streng als bei z.B. UniCredit oder der Commerzbank und deutlich schwächer als bei der eigenen Tochter DWS. Die DWS schließt Firmen aus, die in Kohle expandieren oder über 25% Umsatz mit Kohleabbau oder Kohleverstromung machen. Gibt es Pläne, die Kohlerichtlinie der Deutschen Bank an die der DWS anzugleichen? Wenn nein, warum ist sie bei der Deutschen Bank so viel ambitionsloser als bei der DWS? Was hält die Deutsche Bank davon ab, mit der DWS gleichzuziehen?

Antwort:

  • Unternehmen fallen unter unsere Richtlinie für Kraftwerkskohle, wenn sie 30 % oder mehr ihres Umsatzes mit Kraftwerkskohle erwirtschaften. Zusätzlich zu dieser Schwelle fallen alle Unternehmen unter diese Richtlinie, die pro Jahr mindestens 10 Megatonnen Kraftwerkskohle fördern oder eine Kapazität von mehr als 10 Gigawatt Stromerzeugung haben. Wir planen, daran festzuhalten. Aufgrund unseres Netto-Null-Ziels für den Kohlebergbau haben wir uns verpflichtet, unser Engagement im Kohlesektor grundsätzlich zu reduzieren, und sind hier auf einem guten Weg. Mit den Schwellenwerten für Umsatz und die absoluten Fördermengen sowie unserem Dekarbonisierungspfad für den Kohlesektor sehen wir uns gut aufgestellt, um unser Engagement in diesem Sektor verantwortungsvoll zu steuern.

 

Die Deutsche Bank hat Dekarbonisierungsziele für einige besonders CO2-intensive Sektoren wie Kohleabbau, Öl und Gas, Zement, Energieerzeugung, Automobil, Stahl und Schifffahrt festgelegt, die rund die Hälfte aller finanzierter Treibhausgasemissionen ausmachen. Gibt es Pläne, Dekarbonisierungsziele für weitere CO2-intensive Sektoren wie Chemie, Landwirtschaft oder Aluminium festzulegen? Wenn ja, wann?

Antwort:

  • Wir haben bereits weitgehend Zielpfade für die Sektoren veröffentlicht, die für die DB materiell sind. Es fehlt noch ein Zielpfad für die gewerbliche Gebäudefinanzierung, da die Methodik hierfür derzeit noch in der Entwicklung ist. Alle anderen Sektoren sind derzeit mit Blick auf die mit ihnen verbundenen CO₂-Emissionen in unserem Kreditportfolio nicht so relevant, dass sie einen eigenen Zielpfad rechtfertigen würden.

 

Die Deutsche Bank schließt direkte Finanzierungen besonders schädlicher Fördertechniken wie Fracking in bestimmten Ländern, Ölsand und Bohrungen in der Arktis aus, während die direkte Finanzierung von Ölschiefer und Fracking in den meisten Ländern und konventionelle Öl- und Gasförderung möglich bleibt. Gibt es Pläne, die Finanzierung von Ölschiefer und Fracking generell auszuschließen? Falls nein, was spricht dagegen die Finanzierung dieser unkonventionellen Fördertechniken auszuschließen?

Antwort:

  •  Als jetzt enthält unsere Öl- und Gasrichtlinie zahlreiche Ausschlüsse. Wie ich bereits in meinem Eingangsstatement gesagt habe, prüfen wir derzeit eine Aktualisierung unserer Öl- und Gas-Richtlinie mit Blick auf rechtliche Risiken. Über die Details berichten wir, wenn wir die aktualisierte Richtlinie veröffentlichen.

 

Und zu meiner letzten Frage: Für Öl und Gas hat die Deutsche Bank ein Dekarbonisierungsziel von 23% CO2-Reduktion bis 2030 gegenüber 2021 gesetzt, was nicht besonders ambitioniert ist. Wie ist da der aktuelle Stand? Warum hat die Deutsche Bank für den Sektor Öl und Gas ein Dekarbonisierungsziel festgelegt, das deutlich weniger ambitioniert ist als die Ziele in anderen Sektoren? Was spricht gegen eine schnellere CO2-Reduktion im Sektor Öl und Gas?

Antwort:

  • Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die finanzierten Emissionen im Öl- und Gassektor bis 2030 um 23 % und bis 2050 um 90 % zu reduzieren – gemessen in Mio. t CO₂. Hierbei handelt es sich um ein absolutes Reduktionsziel, das auch unsere Aktivitäten in diesem Sektor zunehmend einschränkt. Bei weitem nicht alle Banken haben einen CO₂-Zielpfad veröffentlicht, der in absoluten Tonnen angegeben wird. Die finanzierten Emissionen gemäß Scope 3 lagen im Öl- und Gassektor zum Jahresende 2024 insgesamt 18 % unter dem Basiswert von 2021.

 

Vielen Dank, ich freue mich auf ihre Antworten auf meine Fragen.“