Deutsche Börse Hauptversammlung 2025: Unsere Fragen zur Tochter ISS

14 Mai 2025
Am 14. Mai 2025 lud der Konzern Deutsche Börse Group zur Jahreshauptversammlung ein, um über das vergangene Geschäftsjahr und die künftige Ausrichtung des Konzerns zu diskutieren. Auf der Hauptversammlung haben Aktionäre die Möglichkeit, Fragen an den Konzern zu stellen und dieser ist dazu verpflichtet, die Fragen zu beantworten. Dank dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre konnte Facing Finance e.V. auch einige Fragen an den Vorstand der Deutsche Börse Group stellen. Dabei haben wir vor allem Fragen zur Tochterfirma ISS gestellt, da wir vor einem Jahr in einer Studie das ESG-Rating von ISS unter die Lupe genommen und mit den ESG-Ratings anderer Ratinganbieter verglichen haben. In dieser Studie wurde analysiert, wie transparent die ESG-Ratings verschiedener Anbieter sind und inwieweit sie Plastikbezogene Kriterien berücksichtigen.
 
Unsere Fragen und die Antworten der Deutschen Börse Group
 
Frage: ISS vergibt das ESG Corporate Rating auch für die Deutsche Börse, den eigenen Mutterkonzern sowie für weitere Firmen, die mit der Deutschen Börse verbunden sind. Wenn man sich das Rating der Deutschen Börse auf der ISS Website anschaut, dann findet sich da nirgendwo ein Hinweis, dass hier die Tochterfirma den eigenen Mutterkonzern bewertet. Das gleiche gilt für die weiteren mit der Deutschen Börse verbundenen Firmen. Auf der Hauptversammlung 2024 kündigte die Deutsche Börse an, sie werde mit ISS die Darstellung des ESG Ratings der Deutschen Börse auf der ISS Website besprechen und den Vorschlag von Facing Finance e.V. zur besseren Darstellung potentieller Interessenskonflikte auf der ISS Website umsetzen. An der Darstellung hat sich aber bis heute nichts geändert (https://www.issgovernance.com/esg/iss-esg-gateway/). Hat die Deutsche Börse ihre Ankündigung auf der Hauptversammlung 2024 umgesetzt und mit ISS die Darstellung potentieller Interessenskonflikte auf der ISS Website besprochen? Falls ja, warum hat sich an der Darstellung nichts geändert?
Antwort: Die Deutsche Börse kann diese Kritik inhaltlich nicht nachvollziehen, da ISS im ISS Proxy Report und im ISS ESG Corporate Rating Report transparent offenlegt, dass die Deutsche Börse 80% an ISS hält.
Unsere Anmerkung: Die Frage bezüglich der transparenten Offenlegung dieser Beziehung direkt auf der ISS Website, wo das ESG Corporate Rating der Deutschen Börse angezeigt wird, wurde ignoriert. Die Frage bezüglich der nicht umgesetzten Ankündigung der Deutschen Börse auf der Hauptversammlung 2024 wurde ebenfalls ignoriert.
Frage: Die Transparenz von ESG-Ratings hat sich in den letzten Jahren generell verbessert. Nichtsdestotrotz gibt es immer noch viel Luft nach oben. ISS veröffentlicht auf der Website lediglich das zusammengesetzte ESG Corporate Rating. Für eine erhöhte Transparenz wäre es sinnvoll, wenn zusätzlich für jeden einsehbar separate E, S und G scores veröffentlicht würden. Gibt es hierzu Pläne?
Antwort: Da ISS inhaltlich unabhängig und eigenständig vom Mutterkonzern Deutsche Börse agiert, nimmt die Deutsche Börse keinen Einfluss auf Methodik und Vorgehen von ISS.
Frage: ISS legt bislang nur einen kleinen Teil der Primärquellen hinter den ESG Corporate Ratings offen, darunter OECD-Berichte, ILO-Datenbanken, ganz generell Medienquellen, ganz generell NGOs – ohne zu sagen welche Medien oder NGOs konkret. Für eine erhöhte Transparenz wäre es sinnvoll, wenn ISS eine vollständige Liste aller Primärquellen, die im ESG Corporate Rating verwendet werden, veröffentlicht. Gibt es hierzu Pläne?
Antwort: Da ISS inhaltlich eigenständig und unabhängig ist, kann die Deutsche Börse das nicht beantworten. Die Deutsche Börse ist aber der Meinung, dass die veröffentlichten Methodikdokumentationen bereits sehr transparent sind. Das veröffentlichte Methodikdokument zum ESG-Rating umfasst beispielsweise 49 Seiten.
Frage: Seit 2021 ist ISS eine Tochterfirma der Deutschen Börse und umfasst Geschäftsfelder wie die Stimmrechtsberatung institutioneller Investoren und die Bereitstellung ESG-bezogener Informationen, beispielsweise ESG und SDG scores. In einer Zeit, in der die Aktionärsdemokratie unter Druck ist und einige US-Konzerne gegen Aktionäre vorgehen, die Anträge einreichen, die nicht im Interesse des Konzernmanagements sind, braucht es starke Stimmrechtsberatung von ISS. Wie wirkt sich dieses Umfeld auf die Stimmrechtsberatung von ISS aus?
Unsere Anmerkung: Die Frage wurde ignoriert und nicht beantwortet.
Frage: Im Rahmen des Omnibus-Pakets plant die EU-Kommission, die review clause abzuschaffen. Laut review clause hätte es einen Bericht geben sollen zur Frage, ob die CSDDD auch den Finanzsektor umfassen sollte wie jeden anderen Wirtschaftssektor auch. Das Streichen der Review Clause würde ein Festschreiben der Ausnahme des Finanzsektors bedeuten. Wie sieht die Deutsche Börse die Idee, die Review Clause zu streichen? Droht das Omnibus-Paket, dafür zu sorgen, dass der Deutschen Börse wichtige Daten über börsennotierte Firmen nicht vorliegen werden?
Antwort: Die Deutsche Börse beteiligt sich nicht an Spekulationen zu laufenden Gesetzgebungsprozessen. Sie begrüßt die geplante Änderung der Sustainable Finance Regulierung der EU.
* Alle Antworten der Deutschen Börse beruhen auf Mitschriften während der Hauptversammlung und sind nicht wortwörtlich.
 
Weitere Fragen auf der Hauptversammlung
Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre stellte noch weitere Fragen neben den Fragen, die Facing Finance e.V. eingebracht hat.
Unter anderem zur Verantwortung der Deutschen Börse für Menschenrechtsverletzungen von Firmen, die an der Deutschen Börse gelistet sind (Antwort: Die Deutsche Börse nimmt die Rolle eines neutralen Infrastrukturanbieters ein und achtet nicht auf Menschenrechtsverletzungen der an der Deutschen Börse gelisteten Firmen).
Zur Beteiligung der Deutschen Börse an kriminellen CumEx-Geschäften, bei denen Finanzakteure Milliarden Euro aus der Steuerkasse geklaut haben (Antwort: Zwischen 2017 und 2022 hat die Staatsanwaltschaft Köln gegen Mitarbeiter und Vorstände der Deutschen Börse ermittelt und die Deutsche Börse kooperiert mit den Strafverfolgungsbehörden).
Zum Verhältnis des Aufwands für Finanz-Reporting und Nachhaltigkeits-Reporting (Antwort: Im Geschäftsjahr 2024 beliefen sich die Kosten für Finanz-Reporting auf ca. 3 Mio Euro und für Nachhaltigkeits-Reporting auf ca. 0.6 Mio Euro).
Zum gewählten Format der virtuellen Hauptversammlung statt einer Präsenz-Hauptversammlung oder hybriden Hauptversammlung (Antwort: Die Deutsche Börse findet virtuelle Hauptversammlungen sehr gut, prüft aber auch die Option der hybriden Hauptversammlung).
Der Gegenantrag zur Hauptversammlung findet sich hier.