Unsere Rede auf der Aurubis-Hauptversammlung 2025: Widersprüchliches, Intransparenz, Lieferkettengesetz-Verstöße
Am 03.04.2025 trafen sich die Aktionärinnen und Aktionäre von Aurubis, dem größten Kupferkonzern Europas, zur Hauptversammlung in Hamburg. Unsere Rede:
"Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender Haag,
sehr geehrter Herr Aufsichtsratsvorsitzender Vahrenholt,
sehr geehrtes Aktionariat,
als Aktionäre partizipieren wir nicht einfach nur am finanziellen Erfolg oder Misserfolg von Aurubis, sondern sind auch Miteigentümer. Als Miteigentümer tragen wir Verantwortung für die Firma, bestimmen die grobe Richtung mit und stimmen für oder gegen die Entlastung des Vorstands. Gerade jetzt wo drei Viertel des Vorstands ausgetauscht wurden, ist ein Zeitpunkt, an dem wir Aktionäre dafür sorgen müssen, Aurubis in die richtige Richtung zu bewegen. Der alte Vorstand ist verantwortlich dafür, dass die organisierte Kriminalität in die Firma reingekommen ist, um Kupfer in Millionenwert zu klauen; verantwortlich für mehrere Tote bei Arbeitsunfällen; verantwortlich für mangelhaftes Risikomanagement; verantwortlich für Reputations- und Rechtsrisiken in der Lieferkette. Deshalb muss der neue Vorstand jetzt für einen echten Kulturwandel sorgen und wir Aktionäre müssen sicherstellen, dass es echte Verbesserungen gibt und nicht nur leere Worte.
Aurubis hat sich unter dem alten Vorstand immer wieder in Widersprüche verwickelt. So weist Aurubis gerne auf ihre Mitgliedschaft in der Copper Mark hin, in der sie sich für Nachhaltigkeitsverbesserungen einsetzen würden. Auf der letzten Hauptversammlung hat Ex-CEO Harings auch von einem „Stay and Improve“ Ansatz gesprochen. Aurubis bleibe also bei kritischen Lieferanten und versuche, sich als Geschäftspartner für Besserungen einzusetzen, also Menschenrechtsverletzungen, Gesundheitsschädigungen und Umweltzerstörung zu reduzieren. Gleichzeitig schreibt Aurubis im Nachhaltigkeitsbericht aber, dass sie aufgrund geringer Abnahmemengen kaum Einfluss auf die Nachhaltigkeitskriterien ihrer Zulieferer hätte. Also was nun? Kann sich Aurubis für Besserungen bei den Zulieferern einsetzen oder nicht? Was sagt der neue Vorstand dazu? Kann und wird sich Aurubis bei seinen Lieferanten gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung einsetzen? Setzt Aurubis auf einen „Stay and Improve“ Ansatz oder auf die Beendigung von Lieferbeziehung wenn Menschenrechts- und Umweltverstöße bekannt werden? Was ist mit der Mine Toromocho in Junín, der Mine Antapaccay in Espinar, der Mine Constancia in Cusco, der Mine Yanacancha in Ancash, und der Mine Grasberg in West-Papua, die aufgefallen sind durch hochgefährliche Konzentrationen von Arsen, Blei, Chrom und Quecksilber in Blut und Urin der Anwohner; Inhaftierung und Folter von Protestierenden auf Unternehmensgelände; Polizeigewalt gegen Anwohner; stark erhöhte Krebsraten; Dürren durch erhöhten Wasserverbrauch; Verseuchung der Böden durch Schwermetalle; Korruption; fehlende Umweltprüfungen; und Zwangsumsiedlungen. Hat Aurubis bei einem dieser Zulieferer in den letzten Jahren Verbesserungen erreicht? Hat Aurubis in den letzten Jahren die Lieferbeziehung mit einer dieser Minen beendet aufgrund von Umwelt- und Menschenrechtsverstößen?
Ein weiterer Widerspruch ist, dass Aurubis immer behauptet, die Lieferanten nicht offenlegen zu können wegen wettbewerbsrechtlichem Schutz der Lieferanten. Allerdings hat der peruanische Kupfererzproduzent Gold Field Peru zwischen 2017 und 2020 in seinen Geschäftsberichten stets Aurubis als seinen Hauptabnehmer von Kupfererz benannt. Demnach gingen ca. 40% des Kupfererzes an Aurubis. Offenbar haben Lieferanten wie Gold Fields Peru gar kein Problem mit der Offenlegung der Lieferbeziehungen. 2021 hat Gold Fields Peru allerdings plötzlich aufgehört, seine Abnehmer zu veröffentlichen. In Peru hört man die Vermutung, dass Aurubis Druck auf Gold Fiels Peru gemacht habe, um nicht mehr als Abnehmer genannt zu werden. Das widerspricht dem Argument, das Aurubis ständig wiederholt, um die Intransparenz in der Lieferkette zu begründen: wettbewerbsrechtlicher Schutz der Lieferanten und Vertragsrecht. Es scheint so, als lege vor allem Aurubis – und nicht die Lieferanten – Wert auf die Nichtoffenlegung der Lieferbeziehungen. 2023 hat uns ein Aurubis-Sprecher auf Nachfrage bestätigt, dass die Lieferanten von Aurubis keinen Druck machen gegen die Veröffentlichung von Aurubis’ Lieferantenbasis. Daher die Frage, ob das weiterhin der Fall ist? Oder hat es in der Zwischenzeit einen Lieferanten gegeben, der sich bei Aurubis dafür eingesetzt hat, dass es keine Offenlegung von Lieferbeziehungen gibt? Und stimmt es, dass Aurubis von Gold Fields Peru gefordert hat, nicht mehr als Abnehmer genannt zu werden? Gab es zwischen 2017 und 2021 Treffen zwischen Aurubis und Gold Fields Peru bezüglich der Offenlegung der Lieferbeziehung?
Der neue Vorstand sollte endlich mehr Transparenz in die Lieferkette bringen damit Aktionäre die regulatorischen Lieferkettenrisiken von Aurubis überprüfen können. Bisher erhalten nicht einmal ESG-Ratingagenturen oder institutionelle Investoren Einblicke in die Lieferkette, trotz Zusicherung von Geheimhaltung. Daher haben wir uns sehr gewundert, als Aurubis uns in einem Antwortschreiben geschrieben hat, Zitat: „Aktuelle Reporting-Pflichten sehen keine Veröffentlichungsverpflichtungen von konkreten Minen vor. Dies wurde von allen Stakeholdern akzeptiert.“ Das ist eine ziemlich eigenartige Interpretation angesichts dessen, dass verschiedenste NGOs, ESG-Ratingagenturen und Aktionäre immer wieder die Offenlegung gefordert haben. Wen betrachtet Aurubis als seine Stakeholder? Und wie kommt Aurubis darauf, dass alle Stakeholder die Nichtoffenlegung der Lieferanten akzeptieren? Betrachtet Aurubis Ethius Invest, die auf der Hauptversammlung 2023 die Offenlegung der Lieferanten gefordert haben, nicht als Stakeholder? Betrachtet Aurubis die DWS, die auf der Hauptversammlung 2024 die Offenlegung der Lieferanten gefordert hat, nicht als Stakeholder?"
Weitere Infos:
Gemeinsam mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre haben wir Gegenanträge eingereicht, in denen wir fordern, Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2022/23 nicht zu entlasten sowie einen Teil der Gewinne, der als Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet werden soll, stattdessen für Maßnahmen zur Stärkung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in der Lieferkette zu verwenden. Unsere Gegenanträge hier.
Viele Aktionäre folgten unserem Antrag, den alten Vorstand und Aufsichtsrat (verantwortlich für das Geschäftsjahr 2022/23) nicht zu entlasten. Über 20% der Aktionäre stimmten gegen Vorstand und Aufsichtsrat des Geschäftsjahres 2022/23. Das ist deutlich mehr als beim neuen Vorstand (verantwortlich für das Geschäftsjahr 2024), wo nur 2.4% der Aktionäre gegen den neuen Vorstand stimmten. Ein klares Misstrauensvotum gegen den alten Vorstand. Vor allem wenn man bedenkt, dass zwei Großaktionäre (Salzgitter AG, Rossmann Beteiligungsgesellschaft) den Großteil der Stimmen abgeben. Sehr viele der anderen Aktionäre haben also gegen den alten Vorstand und Aufsichtsrat gestimmt. Alle Abstimmungsergebnisse hier.
Gemeinsam mit Romero Initiative, Dachverband der Kritischen Aktionäre, Goliathwatch und Kampagne Bergbau Peru haben wir eine Pressemitteilung zur Aurubis Hauptversammlung 2025 herausgegeben. Darin informieren wir unter anderem über eine Beschwerde gegen Aurubis wegen möglichen Verstößen gegen das Lieferkettengesetz. Die BAFA (zuständig für das Lieferkettengesetz) hat Ermittlungen dazu aufgenommen. Die Beschwerdeführerin ist tragischerweise kürzlich verstorben, vermutlich an den Folgen der Schwermetallverseuchung durch den Bergbaukonzern Grupo Mexico, den Lieferant von Aurubis. Unsere Pressemitteilung hier.
Hier findest du eine Recherche zu den peruanischen Minen, aus denen Aurubis Kupfererz bezieht, welche Menschenrechts- und Umweltverstöße dabei stattfinden und wie sich Aurubis gegen jedwede Transparenz wehrt.
Hier kannst du eine vorgefertigte Mail an deine Bank schicken, in der deine Bank aufgefordert wird, sich als Kreditgeberin bei Aurubis für mehr Transparenz einzusetzen.